Die Novellierung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) im Juni 2023 hat für Finanzinstitute neue Anforderungen und Komplexitäten mit sich gebracht, insbesondere durch die verstärkte Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG). Diese Entwicklung wird nicht nur durch die MaRisk-Novelle vorangetrieben, sondern auch durch die bereits im Sommer 2020 veröffentlichten Richtlinien der European Banking Authority (EBA), die weitere Anforderungen an das Risikomanagement und die Offenlegung von ESG-Risiken festlegen. In diesem Artikel werden die Herausforderungen der MaRisk-Novelle in Bezug auf ESG-Risiken untersucht und diskutiert.
Die 5 größten Herausforderungen der 7. MaRisk-Novelle für Finanzinstitute im Umgang mit ESG-Risiken
Herausforderungen für Finanzinstitute im Umgang mit ESG-Risiken:
- Berücksichtigung regulatorischer Vorgaben und Standards: Deutschland unterliegt einer komplexen und sich ständig weiterentwickelnden regulatorischen Landschaft, die sowohl nationale als auch europäische Vorschriften umfasst. Finanzinstitute müssen sicherstellen, dass ihre ESG-Risikobewertung den geltenden Gesetzen und Richtlinien entspricht, was eine gründliche Kenntnis der aktuellen Vorschriften und eine kontinuierliche Überwachung von Änderungen erfordert. Dies bedeutet auch, dass Finanzinstitute oft verschiedene freiwillige Standards und Initiativen berücksichtigen müssen, um den Anforderungen der Regulierungsbehörden und der Öffentlichkeit gerecht zu werden.
- Datenerfassung und -qualitätssicherung: In Deutschland, einem Land mit einer breiten Palette von Industrien und Wirtschaftszweigen, ist die Datenerfassung für die ESG-Risikobewertung von entscheidender Bedeutung. Finanzinstitute müssen eine Vielzahl von Datenquellen nutzen, um Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren zu sammeln. Dies kann von öffentlichen Berichten über Unternehmen bis hin zu Umweltstudien und Befragungen lokaler Gemeinschaften reichen. Die Qualitätssicherung dieser Daten ist ebenfalls entscheidend, da sie die Grundlage für fundierte Entscheidungen bildet. Dies erfordert eine gründliche Analyse und Validierung der Daten, um sicherzustellen, dass sie genau und verlässlich sind.
- Anpassung von Prozessen und Systemen: Die Integration von ESG-Risiken erfordert möglicherweise eine umfassende Überarbeitung interner Prozesse und Systeme. Dies umfasst beispielsweise die Implementierung neuer Datenanalysetools, die Anpassung von Risikomanagementprozessen und die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen. Die spezifischen Anforderungen des deutschen Finanzsektors müssen berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die ESG-Risikobewertung effektiv durchgeführt wird und den regulatorischen Anforderungen entspricht.
- Bewertung von ESG-Risiken ohne historischen Vergleich: Die dynamische Natur der deutschen Wirtschaft bedeutet, dass Finanzinstitute häufig mit neuen und sich entwickelnden ESG-Risiken konfrontiert werden, für die es keinen historischen Vergleich gibt. Innovative Ansätze und die Nutzung alternativer Datenquellen sind erforderlich, um potenzielle Risiken angemessen zu bewerten. Dies kann die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen, Branchenexpert:innen und anderen Interessengruppen umfassen, um ein umfassendes Verständnis der aktuellen und zukünftigen Risiken zu entwickeln.
- Langfristige Betrachtung von ESG-Risiken: Die deutsche Wirtschaft strebt Nachhaltigkeit an. Die Berücksichtigung von ESG-Risiken über langfristige Zeiträume ist daher von entscheidender Bedeutung. Finanzinstitute müssen sicherstellen, dass ihre Risikomanagementansätze Trends und Entwicklungen integrieren, um die Nachhaltigkeit ihres Geschäftsmodells sicherzustellen. Dies erfordert eine kontinuierliche Überwachung der ESG-Risiken und eine Anpassung der Risikobewertungsmethoden.
Integration von ESG-Kriterien im Risikomanagement: Chancen und Lösungen
Die MaRisk-Novelle und die Richtlinien der EBA stellen Finanzinstitute vor anspruchsvolle Herausforderungen im Umgang mit ESG-Risiken. Von der Datenerfassung über die regulatorische Compliance bis hin zur langfristigen Risikobewertung erfordert die Integration von ESG-Kriterien in den Risikomanagementprozess eine sorgfältige Planung und Umsetzung. Durch eine proaktive Herangehensweise können Finanzinstitute jedoch die Chancen erkennen, die sich aus einer verbesserten ESG-Risikobewertung ergeben, und langfristig einen nachhaltigen Mehrwert schaffen.
Mit unserem auf Basis des weltweit anerkannten ISAE 3000 Standards erfolgreich geprüften AVM können wir Sie dabei unterstützen, ESG-Daten in Ihre Unternehmensstrategie zu integrieren. Unser Renovation Analyser ermöglicht es institutionellen Akteur:innen wie Banken und Investor:innen beispielsweise, ihre Kenntnisse über ihre Immobilienbestände zu erweitern, ihre Risikoexpositionen zu bewerten sowie die Energieeffizienz und die Kosten für energetische Modernisierungen einzuschätzen. Die erfolgreiche Prüfung unseres AVMs beruht auf relevanten Kriterien der EBA-Richtlinien und MaRisk. So unterstützt die Nutzung unserer Lösungen Banken und Finanzinstituten dabei, regelkonform zu agieren.
Exkurs: Mit AVMs näher am Markt im Risikomanagement
Die Kreditvergabe und -überwachung in Banken und Kreditinstituten wurde bisher weitestgehend mit Hilfe herkömmlicher Bewertungsverfahren, wie Sachwertverfahren, durch einen Gutachter oder Sachverständigen durchgeführt. Das ist notwendig, wenn es sich um komplexe Immobilien oder nicht wohnwirtschaftlich genutzte Objekte handelt, nicht aber wenn es um standardisierbare Wohnimmobilien geht.
Mit der Öffnung hinsichtlich statistischer Modelle, dazu zählen Automated Valuation Models (AVMs), zielt die European Banking Authority (EBA) nun auf eine Operationalisierung der Sicherheitenbewertung im Kreditprozess ab. Damit wird nicht nur mehr Transparenz geschaffen, sondern kann auch den Anforderungen Rechnung getragen werden, dass die Kreditinstitute fortlaufend aktuell abrufbare Informationen zu den von ihnen finanzierten Immobilien vorhalten müssen. Mit AVMs können sie jederzeit in Echtzeit auf Basis verfügbarer Daten für jede Wohnimmobilie an jedem Standort den statistisch wahrscheinlichsten Markt- und Mietpreis ermitteln. Dabei werden neben den traditionellen Eigenschaften auch die nachgewiesen preissensitiveren, nicht-traditionellen Eigenschaften wie z. B. Lärmbelastung, Soziodemografie, Erreichbarkeit, Bauvorhaben in der Umgebung oder Infrastruktur einbezogen. Damit ist es ebenso möglich, auch wirtschaftliche Veränderungen am Standort, die durch Abwanderung entstehen oder auch den Anstieg von Baukosten zu berücksichtigen. Fließen solche Veränderungen im Markt nicht in die Wertermittlung bei der Kreditvergabe oder in die laufende Kreditüberwachung von Bestandskrediten ein, läuft die Bank Gefahr, vermeidbare Ausfallrisiken in die Bilanz zu nehmen oder zu halten. Andersherum kann der Bank bei einer zu konservativen Bewertung, die vom tatsächlichen Marktpreis nach unten hin stark abweicht, Geschäft entgehen, weil sie den Wert des Objekts nicht erkennt und ein lohnendes Kreditgeschäft vorschnell ablehnt.
AVMs können also sowohl im fortlaufenden Prozess eingesetzt werden, um den Wert und die prognostizierte Wertentwicklung des Portfolios schnell und effizient zu prüfen, als auch in Form einer Pre-Due-Diligence im ersten Schritt des Kreditlebenszyklus.
Vorteile der Nutzung statistischer Bewertungsmodelle im Kreditlebenszyklus für Banken und Finanzinstitute auf einen Blick:
- Statistisch wahrscheinlichste Markt- und Mietpreis von Wohnimmobilie (Wohnung, Haus, Mehrfamilienhaus oder Portfolio) auf Knopfdruck
- Jederzeit abrufbare Informationen in Echtzeit über den Wert und die Wertentwicklung der Immobilie
- Schnelle Pre-Due-Diligence vom Schreibtisch aus
- Umfassende Objekt- und Standortanalyse zu jeder Immobilie
- Abbildung aktueller marktwirtschaftlicher Entwicklungen
- Potenziale für energetische Sanierungen erkennen und fundierte Investment- und Kaufentscheidungen treffen
Starten Sie jetzt mit der Integration von Daten zur Energieeffizienz und Klimarisiken in Ihre Unternehmensstrategie!
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