„Dem Gespenst ESG den Schrecken nehmen”: Nachhaltige Immobilieninvestitionen zwischen Risiko und Chance

„Wir können uns nicht wegducken im Immobilienbereich: Wir machen 40 Prozent des CO2-Ausstoßes aus.” Michael Fesselmann, Gründer der Green Lion Consulting GmbH, hat nicht nur ein Vierteljahrhundert Erfahrung im Immobilienbereich, sondern will auch einen Beitrag zur langfristigen Nachhaltigkeit seiner Branche leisten. Er berät nun speziell mit dem Ziel, Immobilienwerte zu erhalten, zu steigern und zukunftsfähig zu machen. ESG-Konformität ist dabei ein entscheidender Baustein.

Gerade im Wohnimmobilienbereich sei die Rolle von ESG aber lange unterschätzt worden, so Fesselmann. Family Offices beispielsweise würden oft annehmen, sie wären von den Nachhaltigkeitsstandards kaum oder in absehbarer Zukunft noch nicht betroffen. Branchenkollege Christian Crain, Geschäftsführer von PriceHubble Deutschland, sieht es aber ähnlich realistisch: „Am Thema ESG kommen wir alle nicht vorbei.” Er ist überzeugt, dass nur ein praxisorientierter Ansatz „dem Gespenst ESG seinen Schrecken nehmen” kann.

Kein Zweifel also, dass sich ESG-Kriterien auf die unmittelbare Zukunft des Immobilienmarktes auswirken. Immobilieneigentümer:innen wie Investor:innen bietet sich damit aber auch die Chance, von diesem Paradigmenwechsel zu profitieren.

Das E in ESG steht nicht nur für Energieklasse

Environmental, Social, Governance, diese drei Begriffe verstecken sich hinter dem Kürzel ESG. Environment, also Umwelt, nimmt dabei für die Immobilienbranche ohne Frage einen besonders hohen Stellenwert ein. Den ökologischen Fußabdruck von Immobilien zu reduzieren − und letztendlich Klimaneutralität zu erreichen − ist in diesem Zusammenhang ein messbares Ziel, das die Immobilienwerte direkt beeinflussen kann.

Mit der Energieklasse alleine ist es dabei aber nicht mehr getan. Die in der Taxonomie des ESG verankerte Reduzierung des CO2-Ausstoßes ist genauso relevant − insbesondere, da die Sicherstellung der ESG-Konformität zunehmend den Zugang zu Finanzierung bedingt.

Risiko und Potenzial gehen Hand in Hand

Um ESG als nachhaltige Chance zu nutzen, müssen sich Immobilieninvestor:innen und Eigentümer:innen zunehmend mit der Bewertung von Risiken und Potenzialen auseinandersetzen. Oft müssen hochindividuelle Entscheidungen für einzelne Immobilien getroffen werden, etwa was Investitionen in Verbesserungen des energetischen Standards angeht, die zu erheblichen Wertsteigerungen führen können. Eine fundierte Risikobewertung und Potenzialanalyse, basierend auf einer verlässlichen Datenlage, ist hierfür unumgänglich.

Banken als Treiber der Veränderung

Eine nicht zu unterschätzende Schlüsselrolle bei der Umsetzung von ESG in der Immobilienbranche spielen außerdem Banken. Sie legen zunehmend Wert auf Nachhaltigkeitskriterien bei der Finanzierung von Immobilienprojekten. Energieeffizienz und CO2-Bilanz von Immobilien haben hier direkten Einfluss auf die Risikobewertung und damit den Zugang zu Finanzierung für Immobilieneigentümer:innen und -investor:innen. Wer sich dies bessere Finanzierungskondition sichern möchte, muss jetzt handeln und ESG-Standards proaktiv implementieren.

Der Faktor Stranding

Stranded Assets, also ein plötzlicher Wertverlust aufgrund mangelnder ESG-Konformität, droht dabei näher am Horizont, als so manche Eigentümer:innen es vielleicht wahrhaben wollen. „Nehmen wir als Beispiel eine Immobilie mit dem Baujahr 1998. Mit dem Ziel Klimaneutralität 2045 liegt der Stranding-Zeitpunkt nicht erst im nächsten Jahrzehnt − sondern schon im Jahr 2025”, erklärt Michael Fesselmann. Es bleibt also nicht mehr viel Zeit, die Klimarisiken von Immobilien und ihren damit einhergehenden Wertverlust zu adressieren.

Unser Fazit

Keine Frage: ESG-Kriterien verändern den Immobilienmarkt aktuell nachhaltig. Immobilieneigentümer:innen und Investor:innen müssen sich zunehmend mit ökologischen Aspekten auseinandersetzen, um langfristig Wertsteigerungen und eine positive Finanzierungsbewertung zu erzielen. Umfassende Risiko- und Potenzialanalyse, basierend auf einer verlässlichen Datenlage, ist dabei ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Strategie, die Chancen des ESG-Ansatzes bestmöglich zu nutzen und langfristige Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche zu erreichen.

Das ganze Gespräch mit Michael Fesselmann und Christian Crain finden Sie hier:

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